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Aktienrechtsreform – Nach dem Marathon in die Zusatzrunde

Der Startschuss zur Reform des Aktienrechts fiel vor sagenhaften 27 Jahren. Nach verschiedenen Verzweigungen, Irr- und Umwegen hat das eidgenössische Parlament am 19. Juni 2020 doch noch ein austariertes und modernisiertes Gesetz verabschieden können. Wer die Neuerungen nun sofort umsetzen möchte, muss sich leider noch eine Weile gedulden: Die Gesetzesänderungen werden wegen der erforderlichen Ausführungsbestimmungen wohl nicht vor dem 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Während bereits in früheren Etappen der Bereich Rechnungslegung und Revision verselbständigt wurde, sind im Verlauf der Gesetzgebung diverse zwischenzeitlich aufgekommene gesellschaftliche Forderungen und Initiativbegehren wie etwa die Minder-Initiative («Abzocker-Initiative»), Gleichstellung und Rohstofftransparenz in die Vorlage eingebaut worden. Die beiden letzteren Punkte sind aus politischen Gründen als einzige mit Teilinkraftsetzungen vorgezogen worden.

Die Aktienrechtsrevision ergänzt resp. ändert das bestehende Gesetz, d.h. ein Grossteil der aktuellen Bestimmungen wird auch in Zukunft in Kraft bleiben.

Separatbestimmungen für Grosse

Das Aktienrecht muss von der kleinsten Einmann-AG bis zu den grossen Multis wie Nestlé ein breites Spektrum an Gesellschaften und Organisationsformen abdecken. Um trotzdem eine Differenzierung zu ermöglichen, betreffen einzelne Bestimmungen explizit nur börsenkotierte Gesellschaften.

Beispiele:

  • Geschlechterrichtwerte für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung
  • Ergänzte/geänderte Bestimmungen zu den Vergütungen der Organe (Ablösung von VegüV)
  • Offenlegungspflichten für Rohstoffunternehmen
  • Neue Regelungen zur Stimmrechtsvertretung

Ist auch für KMU etwas dabei?

Der grosse restliche Teil der Neuerungen gilt grundsätzlich für alle Aktiengesellschaften. Trotzdem werden einzelne davon in kleinen, überschaubaren Verhältnissen wohl kaum je relevant werden, so etwa die Durchführung der Generalversammlung an mehreren Tagungsorten.

Die wichtigsten Änderungen, die auch für KMU interessant sein dürften:

  • Einführung eines Kapitalbands: Die GV kann den Verwaltungsrat ermächtigen, innert 5 Jahren das Aktienkapital zu erhöhen oder herabzusetzen
  • Aktienkapital kann neu in Fremdwährung liberiert und geführt werden
  • Interimsdividenden sind neu offiziell zulässig
  • Stärkung von Aktionärsrechten in verschiedenen Punkten
  • Die Statuten können neu die Durchführung einer virtuellen oder schriftlich durchgeführten GV vorsehen
  • Bei drohender Zahlungsunfähigkeit muss der Verwaltungsrat Massnahmen ergreifen, um die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen, allenfalls zusätzliche Sanierungsschritte
  • Bei hälftigem Kapitalverlust muss nicht mehr eine GV einberufen werden, aber der Verwaltungsrat hat Sanierungsmassnahmen zu beschliessen
  • Bei einer Überschuldung kann die Benachrichtigung des Gerichts unterbleiben, wenn kurzfristig Aussicht auf Sanierung besteht.
  • Im Gegenzug sieht das Gesetz keinen Konkursaufschub mehr vor

Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und die Selektion einigermassen subjektiv.

Wir werden in einem kommenden Newsletter vertieft auch inhaltlich auf die Neuerungen eingehen, mit dem Fokus auf KMU.

Wie weiter?

Nur einzelne der Neuerungen werden direkt von Gesetzes wegen in Kraft treten. In der Regel ist eine Statutenanpassung erforderlich, um von den verschiedenen Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen zu können. Wer schon von Beginn weg dabei sein möchte, sollte rechtzeitig die Anpassung der Statuten in die Wege leiten. Auf der anderen Seite können Statutenänderungen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes dessen Bestimmungen noch gar nicht enthalten. Somit dürfte es sich empfehlen, in dieser Zeit nur die zwingenden Statutenänderungen umzusetzen und mit allfälligen Bereinigungen und Neuerungen abzuwarten, bis auch gleich das neue Aktienrecht integriert werden kann. Dies wird allerdings wohl einen grösseren Stau bei den Handelsregisterämtern verursachen. Geduld wird also auch in Zukunft gefragt sein!