Änderungen des Gesellschaftsrechts im Zuge der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen
Am 01. Juli 2015 traten Änderungen des Gesellschaftsrechts in Kraft, welche Transparenz- und Offenlegungspflichten beinhalten, mit dem Ziel die im 2012 revidierten Empfehlungen der «Groupe d’action financière» (GAFI) umzusetzen. Diese richten sich an Schweizer Kapitalgesellschaften (AG, GmbH und Genossenschaft) und deren Anteilseigner.
GAFI ist ein internationales Expertengremium mit Sitz in Paris, welches zum Ziel hat, Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Massenvernichtungswaffen zu bekämpfen und die Bekämpfung international zu vereinheitlichen. Ihr gehören 36 Mitglieder an, unter anderem die Schweiz als Gründungsmitglied. Die GAFI hat 40 Empfehlungen ausgearbeitet, welche den internationalen Minimalstandard bilden sollen, auf welchen die Schweizerische Gesetzesrevision vom Dezember 2014 basiert. Im Zuge der Umsetzung dieser GAFI-Empfehlungen von 2012 wurden auch Steuerdelikte in den Vortaten-Katalog der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung aufgenommen.
Gesellschaftsrechtliche Vorschriften
Meldung des Erwerbs von Inhaberaktien
Meldung der wirtschaftlich berechtigten Person (Beteiligung ≥25%)
Sanktionen
Pflicht des Führens eines Verzeichnisses der Aktionäre
10-jährige Aufbewahrungspflicht der Verzeichnisse
Pflichten des Verwaltungsrats
Die neuen Gesetzesbestimmungen finden in dieser Form keine Anwendung bei börsenkotierten Unternehmungen, beim Einsetzen eines Finanzintermediärs oder wenn die Beteiligungspapiere als Bucheffekten gemäss Bucheffektengesetz ausgestaltet sind, da die GAFI-Empfehlungen dort anderweitig gesetzlich abgedeckt werden. Das Einsetzen eines Finanzintermediärs stellt eine Delegation des Meldungserhalts (der Pflichten der Gesellschaft) dar, hat aber keinen Einfluss auf die diversen Meldepflichten der Anteilshalter / -erwerber.
Namenaktien
Die Bestimmungen von Art. 686 OR, betreffend den Erwerb von Namenaktien, haben keine Änderung erfahren. Die Gesellschaft muss wie anhin den Namen und die Adresse des Eigentümers und des Nutzniessers der Beteiligungsrechte in ein Aktienbuch eintragen. Dabei muss sie auch Nachweis über den Erwerb der Aktien zu Eigentum (Aktienzertifikat mit Indossament oder Abtretungserklärung) oder die Begründung einer Nutzniessung erlangen (schriftlicher Vertrag). 
Inhaberaktien
Beim Erwerb von Inhaberaktien nach dem 01. Juli 2015 treten neue Meldepflichten des Aktionärs in Kraft (Art. 697i OR). So muss der Aktionär seinen Erwerb der Aktien innert eines Monats an die Gesellschaft melden, mit einem Nachweis des Erwerbs (Vorzeigen des Zertifikats) und der Offenlegung seiner Identität mit Namen, Vornamen und Adresse (amtlicher Ausweis mit Fotografie) oder Handelsregisterauszug im Falle einer juristischen Person. Diese Regelung beginnt mit dem Erwerb einer einzigen Aktie. Die Meldepflicht trifft den Aktionär (auch bei Stellvertretung). Als Erwerb von Inhaberaktien gilt selbstverständlich nicht nur der Kauf von solchen Titeln sondern auch die Schenkung, die Übertragung von Inhaberaktien bei einer Sicherungsübereignung oder eines anderen fiduziarischen Rechtsgeschäfts sowie die Universalsukzession, zum Beispiel infolge eines Erbgangs oder bei einer Fusion, Spaltung oder Vermögensübertragung nach dem Fusionsgesetz.
Namenaktien
Für bestehende Namenaktionäre resultieren keine neuen gesetzlichen Pflichten.
Inhaberaktien
Gemäss Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen vom 12\. Dezember 2014 (Art. 3) betreffen die Meldepflichten auch Personen, welche beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits Inhaberaktionäre waren. Sie haben sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit ihren Meldepflichten nachzukommen, d.h. bis am 31. Dezember 2015.
Weiter sind die Inhaberaktionäre, gemäss Art. 697i Abs. 3 OR verpflichtet, zukünftig jegliche Änderungen ihres Vor- oder Nachnamens, ihrer Firma sowie ihrer Adresse der Gesellschaft zu melden.
Namen- / Inhaberaktien
Gemäss Art. 697j Abs. 1 muss, wer alleine oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten (z.B. mittels Aktionärsbindungsvertrag) Aktien einer Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, der Gesellschaft innert Monatsfrist den Vor-, Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person; ultimate beneficial owner). Meldepflichtig ist der Erwerber und nicht die wirtschaftlich berechtigte Person (falls es sich nicht um die gleiche Person handelt). Handelt es sich beim Erwerber um eine juristische Person (zum Beispiel in mehrstufigen Gruppenstrukturen), so sind die genauen Beteiligungsverhältnisse bis zu den natürlichen Personen hinauf, welche letztendlich die Beteiligungen halten, bekannt zu geben. Alle betroffenen natürlichen Personen sind zu nennen. Dabei ist nicht massgeblich wie viele Anteile jede einzelne natürliche Person besitzt – es reicht schon eine einzige Aktie.
Die Meldepflicht beinhaltet wiederum eine Bestimmung, dass zukünftige Änderungen der Vor- oder Nachnamen sowie Adresse der wirtschaftlich berechtigten Person zu melden sind.
Während die Meldepflicht der wirtschaftlich berechtigten Person bei Namenaktien nur im Erwerbsfall besteht, so gilt diese Bestimmung im Falle von Inhaberaktien auch für Beteiligungen grösser gleich 25 Prozent, welche schon beim Inkrafttreten des Gesetzes Bestand hatten (gemäss Übergangsbestimmungen). Der Meldepflicht ist während sechs Monaten nachzukommen, d.h. bis am 31. Dezember 2015.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Die Meldepflicht der wirtschaftlich berechtigten Person gilt auch für GmbHs und wie bei den Namenaktien ausdrücklich nur im Falle eines zukünftigen Erwerbs von Stammanteilen.
Namen- / Inhaberaktien; GmbH
Beim Erwerb von Beteiligungsrechten ruhen die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte bis zum Erfüllen der diversen vorab genannten Meldepflichten, respektive deren Eintragung ins Verzeichnis (Art 697m OR). Ist die Meldung nicht innerhalb von einem Monat erfolgt, so sind die Vermögensrechte verwirkt. Während die Mitgliedschaftsrechte (beispielsweise das Stimmrecht) bei einer nachträglichen Meldung ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen, dürfen die entgangenen Vermögensrechte (zum Beispiel Dividende) nicht nachträglich nachgeholt werden. Erst die Vermögensrechte ab dem Zeitpunkt der Eintragung können geltend gemacht werden.
Alle Einträge sind anhand von Nachweisen zu dokumentieren!
Namenaktien
Wie bis anhin schreibt Art. 686 OR das Eintragen von Name und Adresse des Eigentümers und des Nutzniessers von Namenaktien ins Aktienbuch vor. Neu kommt die Nennung der wirtschaftlich berechtigten Person dazu, beim Erwerb von 25 oder mehr Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen der Gesellschaft (Art. 697j OR).
Inhaberaktien
Das Führen eines Verzeichnisses für Inhaberaktionäre sowie über die der Gesellschaft gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen ist neu und wird in Art. 697l OR geregelt. Das Verzeichnis muss die Angabe des Vor-, Nachnamen oder die Firma enthalten, die Adresse, die Staatsangehörigkeit sowie das Geburtsdatum.
GmbH / Genossenschaften
Wie bis anhin ist die GmbH verpflichtet ein Anteilbuch zu führen (Art. 790 OR) und die Genossenschaft zum Führen des Genossenschafter-Verzeichnis verpflichtet (Art. 837 OR). Neu ist die GmbH auch zum Führen eines Verzeichnisses für die der Gesellschaft gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen verpflichtet, unter Anwendung der Bestimmungen für die Inhaberaktie (Art. 697l OR in Verbindung mit Art. 790a OR).
Namen- / Inhaberaktien; GmbH; Genossenschaft
Alle vorab erwähnten gesetzlich vorgeschriebenen Verzeichnisse haben in der Schweiz jederzeit zugreifbar zu sein. Die Verzeichnisse sowie die Belege, welche als Grundlage für die diversen Eintragungen dienten, sind während 10 Jahren aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht beginnt nach der Streichung eines Eintrags.
Namen- / Inhaberaktien
Für das Führen der Verzeichnisse der Aktionäre ist der Verwaltungsrat verantwortlich. Weiter ist er auch für die Umsetzung der oben beschriebenen Sanktionen gemäss Art. 697m OR verantwortlich. Daraus können auch Haftungsansprüche gegenüber dem Verwaltungsrat entstehen, bei der nachweislichen Verletzung seiner aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 754 OR). Rechtsfolgen können unter anderem der Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft gegenüber Aktionären, bei zu Unrecht bezogenen Dividenden (Art. 678 OR) sein sowie die Anfechtbarkeit von GV-Beschlüssen bei ausgeübten Stimmrechten von suspendierten Aktien (Art. 691 Abs. 3 OR).
Gemäss Art. 2 der Übergangsbestimmungen sind die Gesellschaften verpflichtet ihre Statuten und Reglemente den neuen Bestimmungen anzupassen. Dafür hat der Gesetzgeber eine Frist von zwei Jahren gesetzt, sprich bis zum 31. Juni 2017.
Wir empfehlen eine frühzeitige Anpassung der Statuten und eine sofortige Anwendung der neuen Gesetzesbestimmungen. Dabei sollte speziell Fokus auf das korrekte Führen des Verzeichnisses der Aktionäre gelegt werden, inklusive der vorgeschriebenen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Die Sanktionen sollten vom Verwaltungsrat durchgesetzt werden.
Gerne sind wir bereit Sie beim Ausgestallten eines Verzeichnisses der Aktionäre zu unterstützen und/oder dem Aufsetzen von neuen Statuten.
Vor-, Nachnamen oder die Firma enthalten, die Adresse, die Staatsangehörigkeit sowie das Geburtsdatum.
GmbH / Genossenschaften
Wie bis anhin ist die GmbH verpflichtet ein Anteilbuch zu führen (Art. 790 OR) und die Genossenschaft zum Führen des Genossenschafter-Verzeichnis verpflichtet (Art. 837 OR). Neu ist die GmbH auch zum Führen eines Verzeichnisses für die der Gesellschaft gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen verpflichtet, unter Anwendung der Bestimmungen für die Inhaberaktie (Art. 697l OR in Verbindung mit Art. 790a OR).