Wellenreiten für KMU – Liquidität als Schwimmhilfe
Was in guten Zeiten oft vernachlässigbar erscheint, kann in der Krise das Unternehmen retten: Die Bewirtschaftung der Liquidität auf allen möglichen Ebenen. Damit die Cashflows auch längerfristig gesichert werden, müssen strategische Überlegungen und Massnahmen helfen, sich auf ein neues Marktumfeld einzustellen.
Die Pandemie mit wirklich globalen Ausmassen hat bereits brutale Bremsspuren in der Wirtschaft hinterlassen. Im ersten Quartal 2020 hat das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz gegenüber dem Vorquartal zwar um moderate 2.6% abgenommen. Dies ist aber erst der Anfang, erstreckte sich der Lockdown doch vor allem auf das zweite Quartal.
Laut einer Umfrage von SECO zeigt die Konsumentenstimmung historisch tiefe Werte. Die zunehmende Arbeitslosigkeit wird sich nicht zuletzt auch dämpfend auf die Nachfrage auswirken. Prognosen für die weitere Entwicklung sind mit vielen Fragezeichen versehen. In der Schweiz rechnet das Staatssekretariat für Wirtschaft für das Jahr 2020 mit einem BIP-Rückgang von 6.7%. Dies ist ein Einbruch, wie er seit 1975 nicht mehr vorgekommen ist. Auch die EU erwartet einen Rückgang von mindestens gleichem Ausmass. Und was bei einer drohenden zweiten Pandemie-Welle zu erwarten ist, dürfte - durchaus berechtigte - Hoffnungen auf eine baldige Erholung brutal zunichtemachen.
Einzelne Branchen wie etwa das Gastgewerbe, der Detailhandel oder Tourismusbetriebe kamen durch die verordneten Betriebsschliessungen teilweise bereits in existenzielle Probleme. Inwiefern nun Kettenreaktionen weitere Branchen und Betriebe «infizieren» werden, bleibt abzuwarten. Genauso wird die Entwicklung der Auslandmärkte nicht nur für die Exportindustrie, sondern auch für die zahlreichen Zulieferbetriebe erhebliche Auswirkungen mit mehr oder weniger grosser Verzögerung haben.
Baukasten für strategische und operative Überlegungen
Wie wichtig eine ausreichende Liquidität als Lebensnerv des Unternehmens ist, hat sich bereits zu Beginn des Lockdowns gezeigt. Wo keine ausreichenden Polster vorhanden sind, muss die Liquiditätssicherung im Zentrum der Krisenbewältigung stehen. Dies bedingt neben einer Analyse der Einnahmen- und Ausgabenströme ein ganzes Bündel von Massnahmen, verbunden mit dem Einsatz passender Planungsinstrumente, insbesondere eines Liquiditätsplans. Je nach Situation des Unternehmens kann sich der Fokus verschieben. Mögliche Ansatzpunkte haben wir nachstehend zusammengestellt.
Auch weitere Instrumente auf operativer und strategischer Ebene müssen eingesetzt werden, damit Ihr Unternehmen besser auf aussergewöhnliche Ereignisse vorbereitet ist. Der Fokus liegt einerseits in der Schadenbewältigung aus der bisherigen Lockdown-Zeit. Aber entscheidend wird sein, sich fit zu machen für alles was noch kommt, seien es Wellen, Lockdowns oder sonstige Unwägbarkeiten!
Sich mit einer komplett veränderten Marktsituation auseinanderzusetzen, erfordert eine grosse Kreativität und Energie, unterstützt durch systematische strategische Überlegungen und Instrumente. Ob Erschliessung neuer Kundensegmente und Absatzkanäle, Preisdifferenzierungen, Angebotsvariation: Vielleicht ist jetzt der Moment, Neues zu wagen! Wir empfehlen Ihnen aber, solche Massnahmen nicht überstürzt umzusetzen, sondern ein geeignetes Controlling aufzusetzen, um die Effizienz und Effektivität gerade in Zeiten knapper Ressourcen zu optimieren.
In der aktuellen Zeit sind langfristige verlässliche Planungen kaum möglich. Trotzdem drängt es sich gerade in dieser Situation auf, die Cash-Flows kurz- und mittelfristig zu planen, sinnvollerweise in Szenarien.
Budget und Finanzplan einsetzen resp. auf aktuelle Situation anpassen
Liquiditätsplan auf Monats- oder Quartalsebene
Szenarien-/Modellrechnungen
Zahlungsrhythmus Debitoren und Kreditoren steuern
Mahnverhalten der Lieferanten kennen und ausnützen
Kommunikation mit Lieferanten
Längere Zahlungsfristen und Abzahlungspläne bei Lieferanten aushandeln
Nachverhandlungen führen bei Vorauskasse
Abmachungen einhalten und Vertrauen gewinnen
Fremdwährungsmanagement (Währungsrisiko absichern / hedgen)
Debitorenmanagement
Factoring/Vorfinanzierung der Debitoren (z.B. Ärzte über Ärztekasse)
Konsequentes, laufendes Mahnwesen und Inkasso
Mahnlauf straff halten
Rechnungsstellung beschleunigen
Absprache bei Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten: Ratenzahlung, Verrechnungen usw.
Investitionsplanung anpassen auf neue Bedürfnisse
Konsequente Prüfung der Investitionen auf Notwendigkeit
Investitionen zeitlich hinausschieben
Leasing, Investitionskredite, Abzahlungen
Sale & Lease back
Verkauf nicht benötigter Anlagen
Übersicht über Kreditlimiten verschaffen
Kreditlimiten erhöhen
Alternative Finanzierungsquellen suchen
Kapitalerhöhung, Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital
Ausgabe von Finanzinstrumenten
Zusätzliche Kredite aufnehmen
Aktionärsdarlehen aufnehmen
Verlängerung Amortisationsdauer und Laufzeit Kredite aushandeln, (kfr. FK in lfr. FK umwandeln)
Forderungsverzichte von Gläubigern
Gewährung Rangrücktritt auf Darlehen (keine Verzinsung meh
Überbrückungskredite beantragen
Kurzarbeit verlängern
Mietzinshilfe beantragen (Nach Absprache mit der Vermieterschaft)
Akontobeiträge der Sozialversicherung verringern
Zahlungsaufschub bei staatlichen Institutionen ausnützen (Direkte Bundessteuer, MWST, Zölle etc.)
Guthaben bei staatlichen Institutionen auszahlen lassen
Prozesse optimieren (Von der Beschaffung bis hin zu Vertrieb und Kommunikation)
Lagerbewirtschaftung
Lagerbestände abbauen
Lieferantenstruktur optimieren/bündeln
Partnerschaften eingehen
IT-Kosten reduzieren (Software-Lizenzen und Verträge)
Sonstige Kosten: Ausgelagerte Aufgaben (z.B. Reinigung), Kostenlose Getränke usw.
Mietzinsreduktion aushandeln, allenfalls staatliche Lösungen (BL/ BS/ Bund)
Privatrechtliche Vereinbarung
Kurzarbeit verlängern
Vereinbarungen auf (Teil-) Lohnverzicht
Tote Kosten vermeiden (unproduktive Stellen)
Anordnung von Überzeitkompensation und/oder Ferienbezug bei Unterbeschäftigung
Entlassungen
Einstellungsstopp
Längere Wochenarbeitszeiten
Businessplan anpassen/ erneuern
Produktpalette überprüfen/ergänzen/anpassen
Deckungsbeiträge der einzelnen Prokukte/Dienstleistungen kennen und optimieren
Angebot ausbauen (zeitlich/örtlich)
Gezielte Rabattaktionen
Mengen oder Preise ändern
Vertriebswege optimieren
Neue Vertriebswege nutzen (Online-Verkauf, Take-away usw.)